FörderfinderSIGU-StrategieVeranstaltungen

Verwaltung mit Wirkung – Warum SIGUs zur Modernisierung der Verwaltung beitragen können

11. Juni 2025

Die politische Richtung ist klar: Die neue Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, die Verwaltung wirkungsorientierter, lernfähiger und kooperationsoffener zu gestalten. Angesichts wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen ist das mehr als ein Modernisierungsversprechen – es ist eine notwendige strukturelle Antwort auf zunehmende Erwartungen an Staatlichkeit, Teilhabe und Problemlösungskompetenz.

In diesem Kontext kommt Sozialen Innovationen und Gemeinwohlorientierten Unternehmen – kurz: SIGUs – eine strategische Bedeutung zu. Sie sind nicht nur Impulsgeber für Soziale Innovationen, sondern können konkrete Beiträge zur Umsetzung des politischen Auftrags leisten, der in zahlreichen Passagen des Koalitionsvertrags angelegt ist: Die öffentliche Verwaltung soll digitaler, effizienter und wirkungsorientierter werden, insbesondere durch Reform der Steuerungslogik, Beteiligung neuer Akteure, und die Öffnung gegenüber unternehmerischem Gemeinwohlengagement.

 

Das Potenzial von SIGUs für die Verwaltung: Praxisbeispiele

SIGUs entwickeln seit Jahren praxiserprobte Lösungen für komplexe soziale Probleme – oft dort, wo klassische Verwaltungsinstrumente an ihre Grenzen stoßen. Ob in der Bildungsarbeit, in der Gesundheitsversorgung oder im sozialen Zusammenhalt auf kommunaler Ebene: Sie kombinieren wirtschaftliches Denken mit gesellschaftlichem Auftrag und stehen damit exemplarisch für die Art von Innovation, die auch innerhalb der Verwaltung gebraucht wird. Die Modernisierung öffentlicher Institutionen kann von dieser Innovationskraft erheblich profitieren – wenn geeignete Kooperationsformate und Förderstrukturen geschaffen werden.

Ein Beispiel dafür ist das Sozialunternehmen Kiron Open Higher Education, das geflüchteten Menschen digitalen Hochschulzugang ermöglicht. In einem regulierten System, das mit Präsenzpflichten, Leistungsnachweisen und institutionellen Trägheiten arbeitet, schafft Kiron einen parallelen Lösungsraum, der sowohl rechtskonform als auch hochgradig wirksam ist. Die Zusammenarbeit mit Verwaltungspartnern ist naheliegend – sie braucht jedoch passende Voraussetzungen: Förderinstrumente, die für innovative Ansätze passen, Anschlussfähigkeit für wirkungsvolle Lösungen im Vergaberecht oder auch das Wissen innerhalb der Behörden um wirkungsorientierte Ansätze.

Ähnliche Herausforderungen schildern Organisationen wie die Hacker School, die digitale Fähigkeiten an Schulkinder vermittelt, oder Conflict Food, das Konsum und Gemeinwohl durch die Vermarktung von Produkten aus Krisenregionen neu verbindet. In allen Fällen liegt eine gesellschaftliche Wirkung vor, die eine Kooperation mit der öffentlichen Hand sinnvoll erscheinen lässt. Doch ohne geeignete Förderbedingungen – also auch ohne einen gerechten Zugang zu staatlichen Ressourcen – bleibt dieser Schulterschluss Wunschdenken.

Doch nicht nur außerhalb, auch innerhalb der Verwaltung gib es Soziale Innovationen. So bietet GovShare “eine Webplattform, die das Voneinander-Lernen im kommunalen Klimaschutz und in der Klimaanpassung erleichtert”. Wenn Kommunalvertreter:innen sich fragen, wer so etwas ähnliches schon einmal umgesetzt hat und wie können sie bis hin zu den Ausschreibungsdokumenten praktische Anleitungen erhalten.

Voraussetzungen für funktionierende Wirkungsorientierung in der Verwaltung

SIGUs haben vielfältige Beispiele aus allen Lebensbereichen, von Bildung bis Gesundheit, und können zeigen wie sich Wirkungsorientierung als Leitstern im Aufbau und der Leitung von Organisationen sinnvoll einsetzen lässt. Dabei ist genau das der entscheidende Punkt: Wirkungsorientierung kann kein isolierter Steuerungsimpuls innerhalb der Verwaltung bleiben. Sie braucht Partner, die Wirkung nicht nur evaluieren, sondern auch produzieren.

Damit aus diesem Potenzial eine tragfähige Kooperation entstehen kann, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Verwaltung muss bereit und fähig sein, neue Partnerschaften einzugehen – jenseits klassischer Dienstleisterlogiken.
  2. SIGUs müssen durch passgenaue Förderung in die Lage versetzt werden, an staatlichen Ausschreibungen und Innovationsprozessen mitzuwirken.
  3. Beide Seiten benötigen strukturelle Anreize für gemeinsame Lern- und Wirkungspraxis.

Der Koalitionsvertrag eröffnet hierfür die politische Legitimation. Unter anderem heißt es:

„Wir sorgen für einen handlungsfähigen Staat […] Wir wollen einen funktionierenden, handlungsfähigen Staat, der digitaler und effizienter als bisher arbeitet.“ und „wir werden neue Formen der Beteiligung ermöglichen, Innovationen fördern und Bürokratie abbauen.“

Koalitionsvertrag der Bundesregierung

Diese Aussagen liefern das Fundament, um SIGUs nicht als Empfänger, sondern als Partner von Verwaltungsinnovation zu verstehen. Sie tragen zu einer Kultur der Wirkung bei, in der Verwaltung nicht nur steuert, sondern gestaltet – gemeinsam mit zivilgesellschaftlich unternehmerischen Akteuren.

Kurzer Ausblick: Handlungsempfehlungen in fünf Punkten

Die im Rahmen der Werkstatt „Staat und Verwaltung“ entwickelten Handlungsempfehlungen zeigen auf, wie eine solche Kooperation konkret ausgestaltet werden kann:

  1. Wirkungsorientierung als gemeinsame Leitlinie etablieren, nicht als reine Messgröße.
  2. Kompetenzaufbau in der Verwaltung stärken, insbesondere durch wirkungsorientierte Weiterbildung.
  3. Vergabeverfahren anpassen, um SIGUs rechtssicher einzubeziehen.
  4. Innovationsräume schaffen, in denen Verwaltung und SIGUs gemeinsam lernen.
  5. Zielgruppen einbinden, um Wirkung gemeinsam zu gestalten und nicht bloß zu administrieren.

Der Koalitionsvertrag verpflichtet die Verwaltung zur Veränderung – SIGUs können dabei helfen, diesen Wandel nicht nur zu gestalten, sondern mit Sinn und Wirkung zu füllen. Damit das gelingt, braucht es den politischen Willen, strukturelle Offenheit und die Einsicht, dass Zukunft nicht verwaltet, sondern gestaltet werden muss – im besten Fall gemeinsam.

Grundlagenworkshop “Wirkungsorientierung in der öffentlichen Verwaltung”

Wer intensiver in das Thema einsteigen möchte, sollte sich den 26. Juni 2025 im Kalender markieren: In einem praxisnahen Grundlagenworkshop gibt die Autorin dieses Gastbeitrags, Laura Kromminga, Einblick darin, wie in der öffentlichen Verwaltung Ressourcen effektiver eingesetzt und Maßnahmen zielgerichtet geplant werden können, um die gewünschten gesellschaftlichen Ergebnisse zu erreichen.  

Hier geht es zum Event.

Laura Kromminga

Laura Kromminga ist Beraterin für Social Entrepreneurship und Wirkungsorientierung mit über zehn Jahren Erfahrung im Sektor. Sie arbeitet mit Verwaltungen und Sozialunternehmen an Finanzierung (Impact Investing), Skalierung und Ökosystemen. Ihr Ziel: mehr Wirkung in der öffentlichen Verwaltung. Dafür coacht sie, berät und lehrt als Gastdozentin. Zudem gründete sie eine Community für Verwaltungsmitarbeitende. Mit Abschlüssen in Tourismus- und International Business Management sowie Erfahrung in Indien, Chile, Spanien und England baut sie gerne Brücken zwischen unterschiedlichen Welten.