FörderfinderSIGU-StrategieVeranstaltungen

Was haben Elternzeit und Carsharing gemeinsam? – Eine Rundschau verschiedener Typologien Sozialer Innovationen 

26. Februar 2025

Soziale Innovationen entstehen in allen Sektoren und Problemfeldern der Gesellschaft. Dementsprechend unterschiedlich sind sie in ihren Ausprägungen. Wie bspw. die Aufzählung der vielen Sozialen Innovationen im Alltag zeigen, lassen sich von Leihsystemen für Mehrwegbecher und Fahrräder bis hin zur gesetzlich geregelten Elternzeit und -geld viele inzwischen längst etablierte Innovationen als „sozial“ bezeichnen. Was genau Soziale Innovationen ausmacht und wie diese vielfältige Praxis beschrieben werden kann, ist auch Gegenstand vieler Forschungen. Das Spotlight bietet einen ausgewählten Überblick verschiedener Ansätze, die die Ausprägungen von Sozialen Innovationen typologisieren und hat bei den Wissenschaftler:innen des Projekts ISI – Impact Sozialer Innovationen nachgefragt, welche Typen Sozialer Innovation im Projekt entwickelt wurden.

Hier gehts direkt zum Interview!

Schartinger et al. (2019): Green social innovation – towards a typology

Auf Basis des SI-Drive Mappings von 1.005 Fällen Sozialer Innovation und einer genaueren Betrachtung der 95 Fälle, die dem Politikfeld „Umwelt und Klimawandel“ zugeordnet wurden, entwickeln die Autor:innen eine prozess-orientierte Typologie. Dabei bauen sie ebenfalls auf der SI-Drive Definition von Sozialen Innovationen auf:

Social innovation is defined as a new combination or new configuration of social practices in certain areas of action or social contexts, prompted by certain actors or constellations of actors in an intentional targeted manner with the goal of better satisfying or answering needs and problems than is possible on the basis of established practices; at the end socially accepted and diffused (partly or widely) throughout society or in certain societal sub-areas, and finally established and institutionalised as social practices.

(Howaldt et al. 2015)

Schartinger et al. (2019) konzentrieren sich zunächst auf den gesellschaftlichen Bereich, in dem die Soziale Innovationen entstanden sind, und unterteilen hier in Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik. Als zweite Variable unterscheiden die Autor:innen zwischen der Intensität der Interaktionen. Hier stufen sie die Sozialen Innovationen als entweder fragmentiert, teilweise etablierte oder globale Interaktionen ein. Aus dem Zusammenspiel der insgesamt sechs Variablen ergeben sich schließlich die folgenden neun (Ideal-)Typen Sozialer Innovation. 

Typen Sozialer Innovation mit Basis in der Wirtschaft

1. Unternehmensbasierte Soziale Innovation: Der Fokus liegt auf der internen Unternehmensstruktur und Implementierung isolierter Lösungen.

2. Unternehmerische Soziale Innovation: Dieser Typ umfasst zum Beispiel die Ansätze Gemeinwohlorientierter Unternehmen und zielt darauf ab ökonomische und soziale Ziele zu vereinbaren.

3. Disruptive Soziale Innovationen: Hier umfasst die Soziale Innovation disruptive Geschäftsmodelle, die mit bisherigen Marktlogiken und -regulierungen brechen.

Zivilgesellschaftliche Typen Sozialer Innovation

4. Vorübergehenden Nische: Dieser Typ beschreibt lokale und zeitlich begrenzte Soziale Innovationen, die zivilgesellschaftlich initiiert werden. 

5. Gemeinschaftsbezogene Soziale Innovationen: Hier liegt ein starker Fokus auf der Selbstorganisation der Sozialen Innovation, die die teilweise lokale Gemeinschaft stärken kann.

6. Globale Bewegungsbezogene Soziale Innovationen: Der Typ umfasst Soziale Innovationen, die in der Zivilgesellschaft verankert sind, aber global in verschiedenen Initiativen vorzufinden sind.

Typen Sozialer Innovation aus Politik und Verwaltung

7. Experimentelle Soziale Innovationen: Der Typ beschreibt Soziale Innovationen, die über öffentliche Gelder gefördert werden und als Projekte räumlich und zeitlich begrenzt erprobt werden.

8. Verankerte Soziale Innovationen: Dieser Typ hängt auch stark von öffentlicher Förderung ab. Im Gegensatz zu experimentellen Sozialen Innovationen, können diese stärker verankerten Sozialen Innovationen jedoch im öffentlichen Sektor dauerhaft institutionalisiert werden.

9. Top-Down Soziale Innovationen: Dieser Typ umfasst zentrale Politikprogramme, die eine Mischung an Aktivitäten von Regulierungen, Incentivierungen, Verboten und Unterstützungsangeboten kombinieren.

Die von Schartinger et al. (2019) vorgeschlagene Typologie bildet verschiedene Arten Sozialer Innovationen entlang ihrer sektoralen (fragmentierten) Einbettung aus und kann, wie Weber et al. (2024) zeigen, auch auf andere Politikfelder übertragen werden (siehe Spotlight Juni 2024). 

Oeij et al. (2019): Understanding social innovation as an innovation process: Applying the innovation model

Oeij et al. (2019) nehmen in ihrem Artikel Soziale Innovationen anhand des Innovation-Journey-Konzepts in den Blick, das vielfältige Anwendung in der Forschung zu technologischen und Management-Innovationen findet. Dabei schaffen sie zunächst ein Verständnis der Komponenten von Sozialen Innovationen, welche Eingang in die Management-Forschung finden können:

„To create a definition that is useful for business research, three building blocks are needed: first, it needs to be about implemented solutions with value for society; secondly, the implementation needs to be understood as a process; and thirdly, it must be clear that most implementations fail.“
(Oeij et al., 2019, S. 244)

In diesem Zusammenhang beschreiben die Autor:innen die Vielfalt an Definitionen von Sozialen Innovationen und betrachten die Unterschiede zwischen technologischen und Sozialen Innovationen auf Basis der drei Komponenten. Basierend auf ihren Feststellungen legen sie eine eigene Definition von Sozialen Innovationen fest:

„… the invention, development and implementation of new ideas to solve social problems faced by individuals, groups or communities.“
(Oeij et al., 2019, S. 244)

Die Prozessperspektive der Innovationsforschung aufgreifend stellen Oeij et al. (2019) dann Annahmen für die Operationalisierung der „Social Innovation Journey“ auf. Zu den angenommenen Bedingungen, die für eine solche „Social Innovation Journey“ in Betracht gezogen werden müssen, gehören: 1. Stakeholderbindung, 2. finanzielle und politische Unterstützung , 3. Überwindung von Rückschlägen, 4. Konsens, 5. Personalverfügbarkeit, 6. Führungsvermögen, 7. Infrastruktur. Basierend auf diesen kausalen Bedingungen ermitteln die Autor:innen nun durch eine fuzzy-set qualitative comparative analysis (fsQCA)sechs mögliche Pfadtypologien zur Implementierung von Sozialen Innovationen, bei denen die genannten Bedingungen in unterschiedlicher Kombination vorliegen müssen oder nicht existent sein dürfen („present“ / „must be absent“):

PfadtypKurzbeschreibung
1.Eine Lücke füllenals Antwort auf Systemversagen und Versorgungslücken mit einer Gruppe von Stakeholdern initiiert, während Behörden und Politik die Unterstützung versagen
2.Selbständige Befähigungzumeist mit wenig Stakeholdern und aus eigenem Bedarf initiiert, während Behörden und Politik die Initiativen stark unterstützen
3.Inkrementeller Fortschrittdurch Personen mit überzeugender Idee und Durchhaltevermögen langsam, aber stetig initiiert und durch wachsenden Konsens gestärkt
4.Support-basiertes Designin sich solide Konzepte durch geschickte Personen kommuniziert und mit breitem Support, auch durch Behörden und Politik, initiiert
5.Mächtige Menschen und Führungsvermögendurch Personen mit Führungsvermögen inspiriert und zur Verfügung stehendes Personal im Team in bestehender oder neu geschaffener Infrastruktur initiiert
6.Resilientes Zielsetzenin Zeiten der ökonomischen und/oder politischen Instabilität, die Rückschläge verursachen kann, initiiert und von relevanten Stakeholdern unterstützt

Unter diesen möglichen Pfaden kommen Pfad 4 (20 Fälle), 5 (18 Fälle) und 3 (16 Fälle) in der Studie von Oeij et al. (2019) aus 82 untersuchten Fällen am meisten vor. Die Breite der möglichen Pfade und die Feststellung, dass es keinen dominierenden Pfad gibt, führt die Autor:innen zu verschiedenen Schlussfolgerungen. So gibt es nicht den einen Prozess, mit welchem Innovator:innen eine Soziale Innovation implementieren und umsetzen können. Darüber hinaus können Sozialinnovator:innen entlang der vorherrschenden Bedingungen und auch Präferenzen ihre Pfade wählen. Für jeden Pfad müssen immer mehrere Bedingungen gleichzeitig vorliegen und/oder nicht existent sein. Die gezeigten Kombinationen dieser Bedingungen stehen dabei für die sechs erfolgversprechendsten Pfade. Die Autor:innen entwickeln letztlich mit Blick auf Bedingungen, Stärken und Schwächen jedes Pfades Szenarien, die Sozialinnovator:innen als Argumente für die Wahl des einen oder des anderen Pfades dienen können. Mit der Prozessperspektive schaffen Oeij et al. (2019) eine dynamische Betrachtung der Entstehung neuer oder Änderung bestehender sozialer Praktiken und stellen zugleich eine Verbindung zur Betrachtung von technologischen Innovationen her, die der Managementforschung als Anknüpfungspunkt dient.

Wittmayer et al. (2022): A typology for unpacking the diversity of social innovation in energy transitions

Zahlreiche Innovationen im Energiebereich, wie zum Beispiel innovative Businessmodelle, „community energy“ oder auch Ansätze der Energiesuffizienz, werden als Soziale Innovationen bezeichnet. Von dieser Beobachtung ausgehend entwickeln Wittmayer et al. (2022) einen systematischen Überblick über dieses breite empirische Feld. Dafür erhoben und analysierten die Autorinnen 500 Fälle Sozialer Innovation im Energiebereich in acht verschiedenen Europäischen Ländern. Sie verstehen Soziale Innovationen im Energiebereich als: 

  1. Multidirektional: Soziale Innovationen sind nicht per se gut, sondern unterliegen der normativen Komplexität neuer Entwicklungen 
  2. Prinzipiell von Akteur:innen aus allen Sektoren und miteinander entwickelt
  3. Zusammenspiel materieller und sozialer Aspekte
  4. Experimentell, im Sinne eines zu erprobenden co-kreativen Prozesses anstelle eines kalkulierbaren Ergebnisses

„we define social innovation in energy (SIE) as (combinations of) ideas, objects and/or activities that change social relations, involving new ways of doing, thinking and/or organising energy. This includes ideas, objects and/or actions related to energy consumption (also efficiency, savings), storage,trading, transmission/distribution, and/or production..“
(Wittmayer et al., 2022, S.2)

Aufbauend auf dieser Definition von Sozialen Innovationen gruppieren die Autorinnen die 500 Fälle anschließend entlang der Kategorien Soziale Interaktion und Manifestation des Neuen. Die erste Kategorie unterteilen sie in die Unterkategorien Kooperation, Austausch, Wettbewerb und Konflikt. Bei der Manifestation des Neuen unterscheiden die Autorinnen zwischen neuen Formen des Handelns (Doing), Organisierens (Organising) und Denkens (Thinkings). Daraus ergeben sich schließlich 18 Idealtypen für Soziale Innovationen im Energiebereich, die durch die Art der Interaktion einerseits und den Fokus der Aktivitäten andererseits gekennzeichnet werden. Indem sie die vielfältigen Aktivitäten und Interaktionen im Energiebereich aufschlüsseln, gelingt es den Autorinnen zu zeigen, wie eine Systematisierung von sozialinnovativen Aktivitäten in einem bestimmten Anwendungsfeld aussehen könnte.  

3 Fragen an das ISI-Team

Einen weiteren Ansatz der Typologisierung verfolgt das Team des ISI-Projekts. Das Projekt beschäftigt sich mit der Wirkungsmessung von Sozialen Innovationen. Das Team Wissenschaft konnte die Kolleg:innen für die Beantwortung von drei kurzen Fragen gewinnen. 

Die Wissenschaftler:innen des ISI-Projekts (im Uhrzeigersinn oben links beginnend): Dr. Judith Terstriep (Institut Arbeit und Technik – IAT), Prof. Dominika Wruk (Universität Mannheim), Maria Rabadjieva (IAT), Dr. Filip Zielinski, Dr. Georg Mildenberger (beide Universität Heidelberg) 

1) Was ist euer Verständnis Sozialer Innovation im ISI-Projekt? Auf welche Definitionen bezieht ihr euch, und wo entwickelt ihr eigene Distinktionsmerkmale?

Im Zentrum des Projekts ISI (Impact Sozialer Innovationen) geht es in erster Linie um die Frage, wie Wirkungen sozialer Innovationen gemessen werden können. Das geht aber nur dann, wenn man vorher klärt, was der Gegenstand ist (und was nicht), dessen Wirkungen man erheben will. Das ist bei sozialen Innovationen (SI) nicht selbstverständlich, weil es hierzu viele Definitionsvorschläge gibt, die sich nicht ohne Weiteres in einen Topf werfen lassen. 

Wir wollten in ISI nicht einen weiteren Definitionsvorschlag machen, sondern haben grundsätzlich darüber nachgedacht, wie sich SI als Teil eines umfassenderen Innovationsbegriffs begreifen lassen. Die Aufgabe zu Beginn des Projekts bestand also darin, das ganze Spektrum von „Innovation“ aufzuzeigen und im nächsten Schritt dann die Elemente zu identifizieren, die typischerweise als „soziale“ Innovationen bezeichnet werden können. Zu diesem Zweck haben wir die wissenschaftliche SI-Literatur und auch aktuelle Policy-Dokumente wie die SIGU-Strategie durchgesehen und nach grundsätzlichen Gemeinsamkeiten und Unterschieden gesucht. Das diente auch dazu,

offen und anschlussfähig zu bleiben für möglichst viele der unterschiedlichen Perspektiven auf SI. Das ISI-Projekt bietet in Bezug auf die SI-Definition also keine neuen Distinktionsmerkmale, sondern beginnt vielmehr mit einer Art Meta-Analyse der Konzepte von SI. Diese grundsätzlichen Vorarbeiten haben wir kürzlich im Paper „Was sind soziale Innovationen und wie lassen sich ihre Impacts messen? Konzeptionelle Grundlagen für innovationsfeldspezifische Wirkmodelle“ zusammengefasst.

2) Soziale Innovationen sind vielfältig. Zwischen welchen Typen von Sozialen Innovationen unterscheidet ihr im Projekt und entlang welcher Merkmale? 

Es ging, wie gesagt, nicht darum, eine Typologie von sozialen Innovationen zu entwickeln, sondern vielmehr darum, Typen von Innovationen voneinander zu unterscheiden und SI hierin zu verorten. Wo wird üblicherweise die Grenze gezogen zwischen „sozialen“ und anderen Innovationen? Es gibt, wie gesagt, viele Definitionen aber wir haben drei voneinander grundsätzlich verschiedene Ausgangspunkte für die Abgrenzung von SI herausgegriffen, die wir als „(Definitions-)Rahmen“ bezeichnen.

Der erste Rahmen stellt die Frage nach dem „Was“, also nach dem Objekt der Innovation. Man unterscheidet hierbei häufig „soziale“ von technologischen Innovationen. „Soziale“ Innovationen sind dann zum Beispiel Organisationsmodelle oder soziale Praktiken. Dann muss man aber damit leben, dass eine neue Technologie, zum Beispiel eine App, die Integration, nachhaltigen Konsum, Gesundheit oder ähnliches fördern soll, streng genommen keine „soziale“ Innovation sein kann. Wir schlagen vor, ein Kontinuum von tangiblen bis intangiblen Objekten anzunehmen, auf denen sich dann verschiedene Innovationsobjekte verorten lassen, zum Beispiel: Neue Materialien, Technologien, Organisationsmodelle, Verhaltensnormen bis hin zu neuartigen Ideen beziehungsweise Konzepten. Zumal aus soziologischer Sicht auch die sehr tangiblen Objekte wie Technologien oder sogar Materialien immer auch eine soziale Dimension haben. Ob es sinnvoll ist, bestimmte oder alle intangiblen Innovationsobjekte als „soziale Innovationen“ zu beschreiben, kann man diskutieren.

Dem zweiten Rahmen folgend fragt man stattdessen nach dem „Warum“, also nach der Intention, die primär mit der Innovation verbunden ist. Das haben wir oben bereits angesprochen: Integration, nachhaltiger Konsum, Umweltschutz und so weiter. Man kann hier ganz allgemein „soziale“ beziehungsweise gesellschaftliche, also auf den Menschen und die Beziehungen zwischen den Menschen bezogene, Problemlösungen einerseits und umweltbezogene Probleme wie Klimawandel oder Biodiversität andererseits unterscheiden. Hinzu kommt der meist separat behandelte Bereich der Wirtschaft, also business innovation. Manche Definitionen sprechen hier auch von gemeinnützigen versus profitorientierten Innovationen. Die Frage der Abgrenzung von sozialer Innovation und wirtschaftlich orientierter Innovation ist umstritten, auch weil damit die Frage einhergeht, ob Unternehmen als soziale Innovatoren gelten können. Unsere Sicht hierauf ist, dass unterschiedlichste Akteure und Organisationsformen soziale Innovationen hervorbringen und umsetzen können – oft spielt gerade die sektorenübergreifende Kooperation eine wichtige Rolle; trotzdem können Soziale Innovationen zugleich als primär am positiven Impact orientiert definiert werden in Abgrenzung zu solchen Innovationen, welche lediglich zur Performance, insbesondere zur Profitabilität, beitragen sollen. Also: Innovationen sind diesem Definitionsrahmen nach dann „sozial“, wenn sie primär mit der Intention verbunden sind, gesellschaftliche oder ökologische Probleme besser zu lösen, als konventionelle Optionen. Ob sie dies tatsächlich tun, also ob und inwieweit die Intentionen mit den Wirkungen im Einklang sind, ist eine hieran anschließende, gesonderte Frage.

Drittens wird häufig noch von „sozialen“ Innovationen insofern gesprochen, dass der Prozess der Entstehung und Verbreitung der Innovation „sozial“, also so vollzogen wird, dass die Menschen, die davon betroffen sind, einbezogen werden. Diese Partizipation soll dann, so zumindest die Erwartung, die Selbstbestimmung der Menschen befördern und die Innovationen demokratisch gestalten. Hier fällt meist der Begriff des Empowerments. Damit wären dann aber zum Beispiel viele Innovationen, die von einer einzelnen Person oder einem Unternehmen ausgehen keine „sozialen“ Innovationen, weil sie nicht partizipativ sind. Andererseits spielt Partizipation in gewisser Weise immer eine Rolle, denn Diffusion ist ja, anders als bei der Invention, per Definition ein Grundbestandteil von Innovation.

Diese drei Rahmen werden entweder einzeln verwendet, um SI zu definieren, oder sie werden sozusagen übereinandergelegt, wodurch sich natürlich der Wirklichkeitsausschnitt, der mit „soziale Innovation“ bezeichnet wird, zunehmend verkleinert. Das ist zum Beispiel in der SIGU-Strategie der Fall; dort werden alle drei Rahmen zugleich verwendet: Soziale Innovationen sollen technologische Innovationen ergänzen, zugleich gemeinwohlorientiert sein und partizipativ von der Gesellschaft ausgehen.

Im ISI-Projekt haben wir uns entschieden, explizit von den sozial-ökologischen Intentionen auszugehen, also vom zweiten Rahmen, und bei den anderen beiden Rahmen keine Abgrenzung vorzunehmen. Das hat den Grund, dass wir ein Konzept entwickeln wollten, das SI mit der Wirkungsmessung verbindet. In der Wirkungsmessung bzw. Wirkungsevaluation bildet die Intention, die man zumeist als „Theory of Change“ ausformuliert, den Ausgangspunkt. Mit Hilfe der systematisch zu erhebenden Evidenzen werden die angenommenen Wirkungsketten dann geprüft und gegebenenfalls falsifiziert. Der Intentionsbegriff ist daher eine geeignete Brücke zwischen Sozialen Innovationen und Wirkungsmessung.

3) Was ist für euch der zentrale Beitrag des ISI-Projekts zur Weiterentwicklung der SI-Forschung?

Wir hatten die Gelegenheit, uns über grundlegende theoretische Fragen zu SI und Wirkungsmessung Gedanken zu machen und hier gibt es in der SI-Forschung weiterhin viel zu tun. Weitaus mehr Zeit und Arbeit haben wir aber in die Entwicklung und Erprobung der innovationsfeldspezifischen Wirkmodelle sowie in die Entwicklung eines Konzepts zur Dauerbeobachtung von Sozialen Innovationen investiert und hier gibt es seitens der Praxis wohl einen hohen Bedarf, zumindest waren die Reaktionen bisher sehr positiv. Wir sind gerade dabei, die Ergebnisse in Form eines Wirkmodelle-Handbuchs und einer Indikatorendatenbank für vier ausgewählte SI-Felder einerseits und eines Konzeptpapiers für die Dauerbeobachtung in einem SI-Panel zu veröffentlichen. Bisher hat das ISI-Projekt es uns ermöglicht, diese Konzepte zu entwickeln. Es wäre natürlich großartig, wenn wir diese Konzepte in die breite Anwendung bringen könnten. Innovations-Panelstudien gibt es zwar schon lange, aber „soziale“ Innovationen erfassen sie nicht. Und Wirkungsmessung wird zwar allseits gefordert und gewollt, aber praktikable und effiziente Methoden für organisationale SI-Wirkungsmessung sowie SI-Wirkungsmessung auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene fehlen bisher weitgehend. Das ISI-Projekt hat Wege aufgezeigt, um hier ein gutes Stück voranzukommen.

Hier geht’s zu den vollständigen Publikationen:

Team Wissenschaft der TU Dortmund

Wer steckt hinter dem Spotlight Wissenschaft?

Der Einblick in die verschiedenen Typologien Sozialer Innovationen wurde von dem Team Wissenschaft der TU Dortmund zusammengestellt.