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Rückblick auf die SIGU-Zukunftsfabrik

20. Oktober 2025

Am 14. Oktober 2025 fand in Berlin die SIGU-Zukunftsfabrik statt. Für einen Tag kamen Unterstützungs-, Verwaltungs- und Wissenschaftsorganisationen für SIGUs aus ganz Deutschland zusammen, um miteinander die drängendsten Themen ihrer Arbeit zu diskutieren.

 

Soziale Innovationen sind Zukunftsinnovationen

Die SIGU-Zukunftsfabrik 2025 ist abgeschlossen! Wir bedanken uns für die inspirierende Zeit, die wir am 14. Oktober 2025 mit so vielen Möglichmacher:innen aus dem SIGU-Ökosystem gemeinsam gestalten durften.

200 Teilnehmende von zentralen Unterstützungs- und Verwaltungsorganisationen, Finanzierungs- und Förderpartner:innen sowie bundesweit Forschende zum Thema Soziale Innovationen kamen ins Kulturzentrum silent green nach Berlin-Wedding. Das Motto lautete: Partnerschaften stärken. Ökosystem gestalten. Wirkung entfalten.

© Ulrich Hartmann Photography

Als erstes Berliner Krematorium ist das historische Gelände dabei selbst Teil einer Sozialen Innovation – die soziale Praktik der Feuerbestattung wurde 1910 bewusst wiederbelebt, um dem Problem einer zunehmenden Bevölkerung zu begegnen. Der Ort verband also perfekt die bedeutende historische Rolle Sozialer Innovationen für die gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands mit den aktuellen Fragen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht mit SIGUs und deren unterstützendem Ökosystem.

Den Auftakt machte bereits Tags zuvor unsere Taskforce-Finanzierung.

Sie lud zum Netzwerkabend für die Impact-Finance-Community ein. Gemeinsam diskutierten die Teilnehmenden, wie gesellschaftliche Wirkung auch in Zeiten knapper öffentlicher Budgets und zunehmender Widerstände gegen sozial-innovative Nachhaltigkeitsthemen finanziert werden kann.

Wie weit wir in den vergangenen Jahren auch dabei eigentlich schon gekommen sind, machte dann Prof. Dr. Jürgen Howaldt in seiner Keynote am Morgen der SIGU-Zukunftsfabrik deutlich. Soziale Innovationen seien „in allen Ländern der Welt gefragt, um Probleme zu lösen und gemeinsam ins Gestalten zu kommen – beispielsweise stellte allein Portugal 150 Mio. Euro aus ESF-Geldern zur Förderung bereit.“ Jetzt gelte es “den Schwung der letzten Zeit und den Fokus der SIGU-Strategie aufzunehmen und vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen im Ökosystem an einem Strang zu ziehen und neue Lösungen zu generieren.“

© Ulrich Hartmann Photography

#GemeinsamWirken

Gleichzeitig wurde an diesem Tag auch klar, wie viel (auch finanzieller) Druck gerade im Impact-Sektor herrscht. #GemeinsamWirken ist kein bloßer Hashtag, sondern ein Gebot der Stunde: „Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, von anderen gestützt zu werden. Wir müssen noch mehr zusammenrücken“ (Norbert Kunz, Social Impact gGmbH). Das meinte auch Susanna Krüger (SEND e.V.): „Wir müssen noch besser zusammenarbeiten und gemeinsam schauen, wo wir uns gegenseitig unterstützen können! (Susanna Krüger, SEND e.V.).

Die SIGU-Zukunftsfabrik setzte genau dazu Impulse. Es ging darum, die gegenseitige Kraft, durch Kooperation, Vertrauen und Mut neue Wege zu gehen, zu stärken, sektorübergreifende Synergieeffekte zu heben und sozial-innovative Lösungen dadurch noch besser auf die Straße zu bringen. Dieser gesellschaftlichen Verantwortung gemeinsam gerecht zu werden, sei „eine der Aufgaben, denen sich das SIGU-Ökosystem gegenwärtig zu stellen habe“, so Markus Sauerhammer (SIGU-Plattform).

Veranstaltungen wie das SIGU-Forum im April 2025 und nun die SIGU-Zukunftsfabrik selbst zeigen deutlich, wie wirkungsvoll die einzelnen Zahnräder aus den verschiedensten Bereichen der ‚SIGU-Fabrik‘ mittlerweile als Einheit ineinandergreifen (können). Auch Catalin Hartwig vom Welcome Alliance Fund konstatierte: „Die SIGU-Zukunftsfabrik zeigt, wie schnell wir vorankommen, wenn sektorübergreifende Allianzen entstehen und Lösungen gemeinsam angegangen werden.“

Genau das zeichnet SIGUs und deren Ökosystem aus: Sie liefern Lösungen für die gegenwärtigen Probleme dieser Welt. Sie bilden einen essenziellen Baustein von Deutschlands Innovationsökosystem und sind damit grundlegend für die hiesige gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit.

Allianzen für Soziale Innovationen

Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Welcome Alliance Fund (WAF). Im ersten Panel des Tages wurde anhand von deren Arbeit mit Statefree besonders greifbar, was sich durch eine sektorübergreifende Partnerschaft alles bewegen lässt. Das von Christiana Bukalo gegründete Projekt setzt sich für sogenannte (nicht anerkannte) staatenlose Menschen ein.

Nicht anerkannt staatenlos zu sein bedeutet, dass eine Person faktisch staatenlos ist, aber nicht offiziell als staatenlos anerkannt wurde. Solche Menschen besitzen somit keinen klar definierten Rechtsstatus und nur sehr eingeschränkt Anspruch auf staatliche Sozial- oder Bildungsleistungen in Deutschland oder die Möglichkeit einer Arbeit nachzugehen. In Deutschland betraf das 2023 immerhin fast 30.000 Menschen.

Ziel von Statefree ist es, den Betroffenen eine Stimme und Sichtbarkeit zu geben und ein Verfahren zur Anerkennung des staatenlosen Zustands zu entwickeln. Dabei sollen, das betont Bukalo, beide Perspektiven maßgeblich in die Lösung einfließen: die der betroffenen staatenlosen Personen und die Sichtweise von Ministerien und Verwaltungsbehörden.

Der WAF ist ein von ProjectTogether initiiertes Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Stiftungen, staatlichen Institutionen und Unternehmen mit dem Ziel Ankommensprozesse strukturell zu verbessern und gleiche Teilhabe-Chancen für zugewanderte Menschen zu ermöglichen. So betonte die Leiterin des WAF Catalin Hartwig, die Entwicklung seit Russlands Überfall auf die Ukraine habe einen solchen „Quantensprung“ erfahren, dass die bestehenden Strukturen zur Förderung und Unterstützung damals kaum hinterherkamen. Es bedurfte sektorübergreifender Zusammenarbeit und Ressourcen, um den gewaltigen Herausforderungen Herr zu werden.

Essenziell für den Erfolg einer solchen Allianz sei laut Patrick Hoffmann (Generali Deutschland & The Human Safety Net), die Frage, ob man – analog zu Rudersport – „in Synch“ sei – oder nicht. Entsprechend einig waren sich die Panelist:innen bei ihren Resümees: Eine erfolgreiche Kooperation brauche Sympathie, Mut, einen „langen Atem“ sowie die Fähigkeit, den „Rebound“ nach Frustrationen abzufangen.

9 Zukunftsschmieden

In insgesamt 9 Zukunftsschmieden sollten die Teilnehmenden dann gemeinsam diskutieren und erarbeiten, an welchen Stellen künftig geschraubt werden müsse, um das SIGU-Ökosystem zusammen nach vorn zu bringen. Dabei ging es unter anderem um Fragen danach, wie Wirkungsmessung und Wirkungsmanagement (WMM), Förderstrukturen oder die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsakteur:innen effektiver gestaltet werden können bis hin zur Rolle Sozialer Innovationen in ländlichen Räumen, in der Forschungslandschaft oder einer unterstützenden technologischen Infrastruktur wie beispielsweise der SIGU-Plattform (nähere Informationen zu allen Zukunftsschmieden gibt es hier).

Beispielsweise spielt der Europäische Sozialfonds (ESF) eine zentrale Rolle bei der Förderung Sozialer Innovationen. Dazu gaben Expert:innen aus Bundes- und Landesministerien Einblicke in die aktuelle und kommende Förderperiode und deren Bedeutung für die Praxis. Die Runde diskutierte, wie Förderinstrumente künftig zielgerichteter und niedrigschwelliger gestaltet werden können. Wichtig sei ein flexibler, wirkungsorientierterer Förderrahmen, der strategische Prioritäten stärker in den Blick nimmt.

Zur aktuellen Lage von Sozialen Innovation in der EU bietet der Artikel Europe’s Social Innovation Revolution: From Crisis Response To Systemic Transformation von Jürgen Howaldt (TU Dortmund) und Sofia Lai Amândio (University Institute of Lisbon) einen interessanten Einblick.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch die Teilnehmenden des Workshops SIGUs in der Wirtschaftsförderung – Hybride Geschäftsmodelle – neue Anforderungen an die Förderung. Sie fanden, dass hybride Geschäftsmodelle – also jene, die gemeinwohlorientierte und wirtschaftliche Ziele verbinden – oft durch bestehende Förderlogiken fallen. Entsprechend brauche es zielgenauere Förderinstrumente, mehr Verständnis für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften und eine bessere Vernetzung zwischen Sozialunternehmen, Förderstellen und Investor:innen.

Aber auch abseits der Metropolen entstehen immer mehr Soziale Innovationen – oft unter besonderen Bedingungen. Im Workshop zu ländlichen Regionen zeigte sich, dass diese eben nicht nur Herausforderungen, sondern auch Potenziale für kreative Lösungen bieten. Vertreter:innen von Neuland 21, CoWorkLand und dem Netzwerk Zukunftsorte zeigten, wie regionale Netzwerke und Kooperation auch bei ansonsten konkurrierenden Organisationen („Coopetition“) Innovationsprozesse stärken können. Ihr Fazit: Nachhaltiger Wandel gelingt, wenn Akteur:innen miteinander statt gegeneinander wirken, Kräfte bündeln und Redundanzen verringern.

Das machte auch die Zukunftsschmiede zu den Potenzialen der Digitalisierung für das SIGU-Ökosystem deutlich, beispielsweise mit Blick auf die bereits bestehenden digitalen Bundes- und Landes-Plattformen zur Unterstützung von SIGUs, wie die SIGU-Plattform, aber auch SINN Sachsen, die Social Entrepreneurship City Hamburg oder SIGUSA.

Wir wiederholen einige der Workshops, die in den Zukunftsschmieden der SIGU-Zukunftsfabrik stattgefunden haben, damit alle Interessierten die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen und mitzuwirken.

Anmelden könnt ihr euch hier!

Die Problemlösungsmaschine

Teilnehmende vor der symbolischen Problemlösungsmaschine
© Ulrich Hartmann Photography

Die SIGU-Zukunftsfabrik hat signalisiert, wie kraftvoll Zusammenarbeit im SIGU-Ökosystem wirken kann, wenn unterschiedliche Akteur:innen gemeinsame Ziele verfolgen. Das Ökosytem zeigte, was in ihm steckt, nämlich – wenn seine Zahnräder richtig ineinandergreifen – eine gewaltige Problemlösungsmaschine.

Umso wichtiger ist es deshalb, dran zu bleiben und weiterzumachen. National wie international. Vernetzung, Verständigung und Zusammenarbeit können überall wirken. Darum stießen zum Abschluss des Tages auch die spannenden Organisationen und Menschen des globalen Possibilists-Netzwerk zum anwesenden deutschen SIGU-Ökosystem dazu, um weiter voneinander zu lernen und Allianzen über den Tellerrand auszuloten.

Eine weitere Konferenz im Frühjahr 2026 wird hieran anknüpfen und Raum für Austausch und Zusammenarbeit bieten. Für weitere Informationen, abonniert unseren Newsletter!

Cover design for the german edition of the book

Außerdem zeigt unsere unsere Begleitpublikation zum SIGU-Forum „Nächster Halt: Zukunftsfähige Gesellschaft“ nochmals kompakt, die drängensden Themen und Handlungsfelder für ein wirksames SIGU-Ökosystem auf. Sie zeigt, welche bereits entfalteten oder noch schlummernden Potenziale in SIGUs liegen, und wie wir diese freisetzen können.

Hier gibt’s die Fotos zum Tag zum Download und Teilen!

Die Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Verwendung nur für nicht-kommerzielle Zwecke gestattet und unter Angabe des Fotocredits: Ulrich Hartmann Photography

Demian Göpfer

Redakteur

Florian Birk

Projektleiter