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Warum die Finanzierung von Sozialen Innovationen uns alle angeht

9. September 2024

Soziale Innovationen zielen darauf ab, gesellschaftliche Probleme zu lösen, die uns alle betreffen. Ob es um Klimawandel, soziale Ungleichheit oder Bildungsgerechtigkeit geht – die Auswirkungen dieser Herausforderungen spüren wir als Gesellschaft gemeinsam. Daher liegt es in unser aller Interesse, Lösungsansätze zu unterstützen und zu finanzieren.

Im Vordergrund steht die gesellschaftliche Rendite

Traditionelle Finanzierungsmodelle stoßen bei Sozialen Innovationen jedoch oft an ihre Grenzen. Anders als bei rein gewinnorientierten Unternehmen oder Startups steht bei Gemeinwohlorientierten Unternehmen und sozialen Startups nicht die finanzielle Rendite im Vordergrund, sondern die gesellschaftliche. Hier braucht es andere Ansätze und neue Arten der Kooperationen zwischen unterschiedlichen Finanzierungspartnern.

Finanzierungsstrategien von Sozialen Innovationen

Soziale Innovationen sind divers und genauso divers ist ihr Finanzierungsbedarf. Dies wird deutlich anhand von drei Beispielen:

Hacker School

Die Hacker School bringt Kindern und Jugendlichen auf spielerische Weise das Programmieren bei und fördert somit digitale Kompetenzen. Das 2014 gegründete Bildungsangebot hat kein Geschäftsmodell im klassischen Sinne. Sie finanziert sich durch einen Mix aus Teilnahmegebühren, Stiftungsmittel und Unternehmenssponsoring. Unternehmen profitieren von der frühzeitigen Förderung potenzieller zukünftiger Mitarbeitenden, während Stiftungen die Bildungsgerechtigkeit und die Verbreitung digitaler Kompetenzen unterstützen.

Wildplastic

Wildplastic setzt sich dafür ein, Plastikmüll aus der Natur zu sammeln und recycelbare Produkte daraus herzustellen. Dieses Gemeinwohlorientierte Unternehmen verfolgt einen marktorientierten Ansatz, indem es recycelte Produkte wie Müllsäcke vertreibt. Die Finanzierung erfolgt durch den Verkauf der Produkte, durch Impact Investor:innen, die das nachhaltige Geschäftsmodell unterstützen und durch Kooperationen mit Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen möchten.

Discovering Hands

Discovering Hands bildet blinde Frauen zu Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTUs) aus, die durch ihren besonders ausgeprägten Tastsinn Brustkrebs in einem frühen Stadium erkennen können. Hier zeigt sich eine Mischung aus marktorientierten und gemeinwohlorientierten Ansätzen. Krankenkassen könnten die Leistungen der MTUs vergüten, Stiftungen unterstützen die Ausbildungsprogramme und Impact Investor:innen beteiligen sich am Wachstum des Unternehmens.

Diverse Lösungen brauchen diverse Finanzierungspartner

Wie die Beispiele verdeutlichen, sind die Finanzierenden von Sozialen Innovationen divers und unterscheiden sich von beispielsweise konventionellen Startups. Doch welche Finanzierungspartner bieten sich an?

Der Staat spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung Sozialer Innovationen. Durch gezielte Förderprogramme, Zuschüsse und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen kann die öffentliche Hand wichtige Impulse setzen. Dies kann in Form von speziellen Fördertöpfen geschehen, durch steuerliche Anreize für Investitionen in Gemeinwohlorientierte Unternehmen oder durch die Vergabe öffentlicher Aufträge für innovative Lösungsansätze.

Philanthropische Organisationen sind aufgrund ihrer Ausrichtung und Struktur besonders gut positioniert, um Soziale Innovationen zu unterstützen. Sie können Risikokapital für frühe Entwicklungsphasen bereitstellen, in denen andere Finanzierungsquellen oft noch zögerlich sind. Durch ihre Möglichkeit zur langfristigen Förderung können sie Sozialen Innovationen die nötige Zeit geben, sich zu entwickeln und ihre Wirkung zu entfalten.

Diese Banken haben sich verpflichtet, Finanzierungen anzubieten, die sowohl ökologischen als auch sozialen Kriterien gerecht werden. Sie sind besonders geeignet, um in Soziale Innovationen zu investieren, da sie nicht nur auf finanzielle Rendite, sondern auch auf gesellschaftlichen Mehrwert abzielen. Durch die Bereitstellung von Darlehen, Investitionen und anderen Finanzierungsinstrumenten unterstützen sie Projekte, die positive soziale Veränderungen anstreben.

Die breite Öffentlichkeit kann durch Crowdfunding-Plattformen und andere Formen der direkten Beteiligung Soziale Innovationen mitfinanzieren. Dies schafft nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch gesellschaftlichen Rückhalt für innovative Lösungen.

Eine wachsende Zahl von Investor:innen sucht gezielt nach Anlagemöglichkeiten, die neben finanzieller Rendite auch positive gesellschaftliche Wirkung erzielen. Impact Investing-Fonds können eine Brücke zwischen klassischen Investmentmodellen und Sozialen Innovationen schlagen.

Unternehmen können einen wertvollen Beitrag zur Förderung Sozialer Innovationen leisten. Ein Ansatz ist die Ausrichtung von Corporate-Social-Responsibility-Programmen auf Soziale Innovationen. Dadurch können Ressourcen und Expertise gezielt eingesetzt werden, um innovative Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu unterstützen.

Die Finanzierung hängt von vielen Faktoren ab

Die oben angeführten Beispiele zeigen, dass der Wirkungsbereich und die Frage nach einem Geschäftsmodell einen großen Einfluss auf die Finanzierungsstrategie hat. Modelle wie Wildplastic können marktorientierte Ansätze mit sozialer Wirkung verbinden. Ihnen stehen Finanzierungsoptionen der klassischen Startup- und Unternehmensfinanzierung offen. Hier besteht vor allem die Herausforderung werteorientierte Investor:innen zu finden, die die Mission der Organisation mitgehen möchten, denn als Purpose-Unternehmen kann das Unternehmen nie verkauft werden und die Kontrolle über das Unternehmen wird immer bei Menschen bleiben, die ihm nahestehen und am operativen Geschäft beteiligt sind.

Insbesondere bei Sozialen Innovationen, die in Bereichen ohne funktionierenden Markt oder in Sektoren wirken, wo traditionelle Marktmechanismen nicht greifen (wie zum Beispiel Grundbildung oder Zugang zu sauberem Wasser) brauchen einen anderen Mix. Hier spielen Akteure wie die öffentliche Hand und philanthropische Organisationen eine entscheidende Rolle.

Doch nicht nur der Wirkungsbereich und die Frage, ob es zahlkräftige Kund:innen gibt spielt eine Rolle. Auch die Phase, in der sich die Innovation befindet, hat einen Einfluss auf die möglichen Finanzierenden. In der Frühphase sind es häufig philanthropische Organisationen, die entscheidende Unterstützung bieten. Diese Akteure sind besonders gut geeignet, um das hohe Risiko und die Unsicherheit in den Anfangsphasen zu tragen und ermöglichen es, erste Ideen zu testen und Prototypen zu entwickeln. Sobald sich ein tragfähiges Geschäftsmodell abzeichnet und erste Erfolge sichtbar werden, können klassische Finanzierende wie Impact Investor:innen, Fonds oder nachhaltige Banken ins Spiel kommen.

Woran gilt es zu arbeiten?

Trotz des wachsenden Bewusstseins für die Bedeutung Sozialer Innovationen gibt es noch einige Hürden zu überwinden:

Die nächsten Schritte

  1. Vernetzung des Ökosystems: Eine bessere Vernetzung zwischen Innovator:innen und Finanzierenden sowie unterhalb der Finanzierenden, um ein robustes Finanzierungsökosystem für Soziale Innovationen zu stärken.
  2. Skalierbarkeit: Viele Soziale Innovationen im gemeinnützigen Bereich haben Schwierigkeiten ihre erwiesenermaßen wirkungsvollen Ansätze zu skalieren. Hier sind neue Wirkungspartnerschaften zwischen Investor:innen, öffentlicher Hand und Philanthropie gefragt.
  3. Mangel an innovativen Instrumenten: Obwohl viele Ansätze gesellschaftlichen Mehrwert generieren, mangelt es bislang an Finanzierungsmechanismen, die diese Wirkung honorieren.
  4. Messbarkeit der Wirkung: Damit innovative und wirkungsbasierte Finanzierungsmechanismen funktionieren können, bedarf es Methoden, um den gesellschaftlichen Impact Sozialer Innovationen zu messen und zu kommunizieren. Nur so können Innovator:innen ihren Mehrwert beweisen und Finanzierende ihre Investitionsentscheidung validieren.

Ein Ökosystem zur Finanzierung Sozialer Innovationen

Diese Vielfalt der Finanzierungsquellen und -modelle unterstreicht die Notwendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes zur Förderung Sozialer Innovationen. Nur durch das Zusammenspiel verschiedener Akteure und Finanzierungsformen können wir ein Ökosystem schaffen, in dem Soziale Innovationen ihr volles Potenzial zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen entfalten können. Bestenfalls gibt es abgestimmte Finanzierungsketten, in denen die jeweiligen Finanzierungspartner miteinander kooperieren und sicherstellen, dass Soziale Innovationen die nötige Unterstützung erhalten, um sich von der Idee bis zur breiten Umsetzung und Skalierung zu entwickeln.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist die Arbeit der Taskforce Finanzierung Soziale Innovationen. Die Taskforce setzt sich dafür ein, verschiedene Finanzierungsakteure zu sensibilisieren und Kooperationen zwischen ihnen anzuregen. Durch die Entwicklung und Verbreitung innovativer und kooperativer Finanzierungsmechanismen wird das Fundament für eine nachhaltige Finanzierung Sozialer Innovationen geschaffen.

Beispiele für innovative und kooperative Finanzierungsansätze

Blended Finance: Kombination aus öffentlichen Geldern, philanthropischem Kapital und privaten Investitionen.

Ergebnisorientierte Finanzierungsmodelle, bei denen die Finanzierung an die Erreichung von Wirkungskennziffern geknüpft wird.

Matching Funds als Programme, bei denen private Investitionen durch öffentliche Gelder aufgestockt werden.

Einige der beschriebenen Ansätze wurde in den Taskforce Deep Dives behandelt. Darüber hinaus können hier auf der Plattform Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen zahlreiche Praxisbeispiele gelungener Förder- und Finanzierungsinstrumente  eingesehen werden.  Diese Erfolgsgeschichten bieten nicht nur Inspiration, sondern zeigen auch, wie vielfältig und wirkungsvoll die Finanzierung Sozialer Innovationen sein kann.

Fazit: Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Beispiele wie die Hacker School, Wildplastic oder Discovering Hands zeigen eindrücklich, wie Soziale Innovationen konkrete Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen bieten. Gleichzeitig wird deutlich, dass ihre Finanzierung eine komplexe Aufgabe ist, die das Engagement verschiedener gesellschaftlicher Akteure erfordert.

Indem wir gemeinsam daran arbeiten, ein Ökosystem zu schaffen, in dem Soziale Innovationen gedeihen und ihre volle Wirkung entfalten können, investieren wir in eine nachhaltige und gerechte Zukunft. Ob es um die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge, die Förderung von Inklusion oder den Schutz unserer Umwelt geht – jeder Beitrag zählt!

Foto Pablo Hoffmann

Pablo Hoffmann

Projektleitung Finanzierung (SEND e.V.) bei der Plattform für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen