Unser Autor Lukas Marzi hatte schon viele Jobs: Er wirkte bei einer Hotel- und Schulgründung mit, arbeitete im Carbon Accounting, gründete eine Kommunikationsberatung und bringt nun mit On Purpose impact-orientierte Organisationen und Talente zusammen. Der rote Faden bei Lukas sind die Kontakte, über die er zu seinen Positionen fand. Heute berät er Organisationen, wie sie selbst ein Netzwerk aufbauen und pflegen. Wir haben ihn eingeladen, von seinem Weg zu berichten und Tipps zu teilen.
Endlich den Job mit Sinn finden – raus aus dem alten Konzern und rein in einen Job, der dem Gemeinwohl dient. Klingt vernünftig! Spätestens seit Luisa Neubauers Auftritt bei der OMR 2023 und ihrem Aufruf „Wenn ihr könnt, kündigt!“ hat es die Runde gemacht, welchen Hebel wir mit unserer Arbeitszeit haben. 10.000 Tage sind es laut ProjectTogether, die wir in einem ganzen Leben in Erwerbsarbeit tätig sind. Die gleichnamige Mission möchte Menschen in den Sektor der Erneuerbaren Energien bringen und aufklären: 10.000 Tage – das ist unser Hebel, mit dem wir entweder den Ölkonzern unterstützen oder einen positiven Beitrag zum Systemwandel leisten. Wer den alten Job kündigt, hat aber vor allem eins: keinen Job mehr! Was also tun?
Bevor ich ins Thema einstarte, noch ein wichtiger Punkt: Ich, Lukas Marzi, bin unglaublich privilegiert! Ich bin groß, weiß, cis-Mann, durfte gute Bildung genießen und habe eine Familie, die mich bei allem unterstützt. Das ist ein unfairer Vorsprung gegenüber anderen. Auch wenn ich das stark reflektiere, bleibt meine Perspektive davon immer geprägt. Zwei Dinge wünsche ich mir: Lass mich wissen, wo ich noch dazulernen kann! Und gib bitte Bescheid, wenn du einen der nachfolgenden Punkte nicht wahrnehmen kannst und ich supporten kann!
Kontaktpunkte finden – bei Events und durch Multiplikator:innen
Jim Rohn prägte die Aussage „Du bist der Durchschnitt der 5 Menschen, mit denen du dich am meisten umgibst!“. Ich habe sie auf den beruflichen Kontext angewendet und mich stets gefragt: Wer sind die Menschen, die (beruflich) dort sind, wo ich hinmöchte? Was nach viel Kalkül klingt, hat gut funktioniert und viel Spaß gemacht: Ich habe spannende Menschen kennengelernt, bin in den Kontakt gegangen, habe Orte besucht, an denen diese Menschen wirken und bin in den gleichen Netzwerken aktiv geworden. Ganz konkret waren folgende Netzwerke immer wieder wichtige Einstiegspunkte:
- Quartiermeister (Link)
- Social Impact (Link)
- Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (Link)
- On Purpose (Link)
- Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (Link)
Mittlerweile ergänze ich gerne noch Purpose, die Gemeinwohlökonomie, B Corp, das Reflecta Network und die Netzwerktreffen Nachhaltigkeit (Link), eine von mir initiierte Eventreihe mit dem Fokus auf Vernetzung. Für mich wesentlich waren von allen Organisationen und Netzwerken immer folgende Angebote:
- Events! Analoge Events sind sehr spannend, digital kann man parallel auch Wäsche aufhängen oder das Kind füttern. …und einfach ausmachen, wenn man etwas anderes hört, als man erwartet hatte. Der große Vorteil digitaler Veranstaltungen ist auch, dass man jeden Small-Talk überspringen und direkt zu den guten Themen kommen kann.
- LinkedIn! Digital bedeutet, dass ich niemanden ansprechen kann. LinkedIn hat mir das trotzdem möglich gemacht und gleich noch einen Zweck erfüllt: Ich trage meine gesamte Visitenkarte auf der Stirn. Aussagen konnte ich zudem zurechtlegen, ehe ich sie abschicke. Vielleicht kennt ja noch jemand die Gespräche, in denen man sich maximal unwohl fühlt und auf nette Weise zeigen will, was man alles tolles kann? Das ist digital deutlich einfacher.
- Newsletter! Wie auch die Unternehmensseiten auf LinkedIn bleibe ich über Newsletter auf dem Laufenden, höre von jedem neuen Event und auch jeder Jobausschreibung. Auch neue spannende Player habe ich so kennengelernt
- Menschen! …der mit Abstand wichtigste Part. Um hier auf den Einstieg zurückzukommen: Wer sich mit tollen, spannenden, interessierten Menschen umgibt, lernt noch mehr gleicher Sorte kennen. Um mit diesen Menschen in den Austausch zu kommen, haben zwei Dinge immer geholfen:
- „Ich finde toll, was du machst, deinen Einsatz unglaublich wertvoll und habe selbst X Std. wöchentlich, die ich diesem Ziel widmen möchte. Womit kann man euch gerade supporten?“ – so oder ähnlich lautete meine Nachricht, die ich ausgewählt verschickte.
- „Ich habe deinen Weg von X zu Y verfolgt und finde total stark, was du alles machst und aufgebaut hast. Das Thema Z treibt mich selbst an (…) und ich suche gerade meine nächste Rolle. Ich wäre dir sehr dankbar für einen kurzen Rat und eine Einschätzung von dir“.
Mal ganz im Ernst: Du würdest auch reagieren, oder? Na dann los! Sei authentisch, mach klar womit man dich unterstützen könnte und dir selbst bewusst, was du alles einzubringen hast – vielleicht sind es noch ganze 10.000 Tage!
Jobsuche – das sind Wege in deine neue Rolle
Jobanbieter gibt es viele. Große, auf impactorientierte Jobs ausgerichtete Plattformen sind unter anderem greenjobs, baito, Goodjobs, tbd, Jobverde – alle mit einem etwas anderen Fokus und Kriterienkatalog. Definitiv auf dem Schirm haben sollte jede:r Gesines Jobtipps, die Jobs kuratiert und gemäß ihrer eigenen, sehr guten Standards veröffentlicht.
Den Markt und deine Möglichkeit erweitern Anbieter wie Talents4Good, die gezielt Stellen besetzen und die Möglichkeit bieten, auch als Jobbsuchende:r ein Profil anzulegen. Mit einem Weiterbildungsprogramm, Coaching und Mentoring verbunden ist das kostenfreie Angebot von On Purpose, welches halbjährlich startet und Jobsuchende in Projekte mit sozial-ökologischen Zielen bringt. Wer alle diese Wege geht, hat trotzdem an eine Sache nicht gedacht: Die Vielzahl von Stellen wird gar nicht ausgeschrieben!
„Nur etwa 1/3 aller Stellen kommen überhaupt auf den Jobmarkt“, stellt Cathy Narriman, Gründerin vom Flipped Job Market, mit ihrem Team immer wieder fest. In ihren Workshops vermitteln sie viel Wissen: Wie man herausfindet, was man eigentlich sucht; worauf es in der Gehaltsverhandlung ankommt und auch, wie man eben an jene Jobs kommt, die gar nicht erst ausgeschrieben werden. Um hier noch einmal in meinen Worten zu sprechen:
Wenn dich dein zukünftiger Arbeitgeber als aufgeschlossene, passionierte Person kennengelernt hat und um dein Skill-Set weiß: Warum sollte er/sie dann eine Stelle ausschreiben, auf die du doch sehr gut passt?
Spannende alternative Adressen
Recruitingprozesse sind leider sehr bias-behaftet, also nicht vorurteilsfrei! Das ist für beide Seiten ein Problem: Für Bewerbende, die trotz passender Qualifikationen nicht eingeladen werden und/oder den Job nicht bekommen sowie auch für Organisationen, die von den vielen Vorteilen diverser Teams nicht profitieren. Fakt ist: Gerade marginalisierte Gruppen haben es deutlich schwerer, zu Gesprächen überhaupt eingeladen zu werden, wie zahlreiche Studien zeigen. Insbesondere hier kann das eigene Netzwerk gut helfen, da man sich als Bewerber:in eben gar nicht erst in ebenjene Prozesse begeben muss. Das gilt aber nicht für jede:n!
Nachfolgend findet ihr einige spannende Adressen abseits des Main-Streams – also auch abseits von Plattformen, bei denen sich Arbeitgebende für die klassischen Stereotypen entscheiden:
- Queermentor ist ein von Pavlo Stroblja (LinkedIn) ins Leben gerufene Mentoring-Netzwerk für queere Personen und Allies.
- Sticks and Stones ist das bekannteste queere Job- & Karrierefestival. Ende Juni findet es das nächste Mal in Köln statt.
- Menschen mit Behinderung sollen auf der Plattform Jobverde fündig werden. In einem eigenen Bereich listet das Team passende Positionen.
- Ebenfalls an Menschen mit Behinderung richtet sich die Plattform Inklusion geht gemeinsam. Antworten finden hier nicht nur Bewerbende, sondern auch Arbeitgebende, die konkrete Anfragen stellen können, um sowohl Beratung als auch Unterstützung zu finden.
- Neurodivergente Menschen (Hochbegabung, AD(H)S, Autismus, Tourette-Syndrom, Dyskalkulie und Dyslexie) finden passende Stellen, Unterstützung und Rat bei Diversicon. Auf den Weg macht sich auch Neosity mit passenden Stellen.
- Schon lange Vorreiter:in ist tbd. Dort findet ihr nicht nur coole Stellen, sondern auch einen wunderbar kuratierten Blog, spannende Events und Adressen!
Und nun: Passende Abschiedsworte? Das Leben ist zu kurz für einen blöden Job! Ich freue mich über alle, die in dem Text Inspiration finden und noch mehr über jene, die mit mir in den Austausch kommen. Vernetzt euch gerne auch mit mir (LinkedIn)!