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„Soziale Innovationen sind für das BMFTR ein zentrales Handlungsfeld“

1. Oktober 2025

Foto: ©BMFTR

Sozialen Innovationen als Impulsgeber für gesellschaftlichen Wandel wurden in den letzten Jahren innovationspolitisch und -praktisch in Deutschland große Aufmerksamkeit zuteil. Dies führte zu einem inzwischen breit akzeptierten neuen Innovationsverständnis. Dessen Kern bilden Soziale und Technologische Innovationen, die sich systemisch ergänzen, auch wenn sie sich hinsichtlich ihrer Prozesslogiken und Wirkprinzipien deutlich unterscheiden.

Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) setzt mit dem neuen Studierendenpreis für Soziale Innovationen (StiPS) nun ein weiteres Zeichen: Der Wettbewerb würdigt studentische Initiativen, die kreative Lösungen für zentrale gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln – von Nachhaltigkeit über Inklusion bis zu zukunftsfähigen Lösungen für Arbeit. Das Team Wissenschaft der SIGU-Plattform hat dies zum Anlass genommen, für das aktuelle Spotlight mit Frau Dr. Effrosyni Chelioti zu sprechen. Die BMFTR-Abteilungsleiterin Grundsatzfragen und Strategien gibt in dem Gespräch Einblicke in die Motivation, Resonanz und das Ergebnis der Ausschreibung, sowie in Zukunftspotenziale, weitere Perspektiven und Akzentsetzungen im Feld der Sozialen Innovation.

Wie das BMFTR mit dem StiPS neue Wege in der Forschungs- und Innovationspolitik geht: ein Gespräch mit Frau Dr. Effrosyni Chelioti, Abteilungsleiterin Grundsatzfragen und Strategien im BMFTR.

Dr. Effrosyni Chelioti

Abteilungsleiterin Grundsatzfragen und Strategien im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt

Foto: ©Phil Dera / Photography

Soziale Innovationen tragen maßgeblich zu Fortschritt und Innovationsfähigkeit in Deutschland bei. Die Bundesregierung sieht die Förderung von Sozialen Innovationen daher als wichtige Aufgabe an, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Soziale Innovationen sind für das BMFTR ein zentrales Handlungsfeld. Sie setzen dort an, wo gesellschaftliche Herausforderungen nicht allein durch Technologie gelöst werden können.

Unser Ziel ist eine Innovationspolitik, die Menschen und ihre Lebensrealitäten in den Mittelpunkt stellt und so technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Erneuerung zusammenbringt: Innovationen für die Gesellschaft. In den vergangenen Jahren hat sich unser Innovationsverständnis deutlich erweitert. Wir betrachten Soziale und technologische Innovationen nicht mehr als getrennte Sphären, sondern in Kombination. Erst im Zusammenspiel können sie ihr volles Potenzial entfalten.

Beispiele aus der Förderrichtlinie Gesellschaft der Innovationen sind zum Beispiel die intuitive Zeitkompass Smartwatch des StartUps Inklusys, mithilfe derer komplexe Zeitkonzepte und Tagesstrukturen für Menschen mit kognitiven Einschränkungen einfach verständlich werden. Oder die Flock App über die nicht nur der Heimweg von weiblichen und queeren Personen sicherer gestaltet, sondern auch zur sicheren urbanen Mobilität beigetragen werden kann, zum Beispiel in der Stadtplanung oder bei der Ausgestaltung des ÖPNV etwa an Bahnhöfen und Bushaltestellen.

Mit gezielten Förderprogrammen, Netzwerken und Wettbewerben wie zum Beispiel dem StiPS stärken wir dieses Zusammenspiel. So schaffen wir nicht nur technologische Spitzenleistungen, sondern sichern auch ihre gesellschaftliche Relevanz und Wirkung.

Die Förderung Sozialer Innovationen unterscheidet sich vor allem darin, dass sie stark von der Beteiligung der Zielgruppen lebt und ihre Wirkung über technische Leistungsdaten hinaus, auch in gesellschaftlichen Veränderungen messbar wird. Das erfordert andere Förderlogiken: Pilotprojekte, experimentelle Räume, Collective Action (gemeinsames, zielgerichtetes Agieren einer Gruppe) und transdisziplinäre Zusammenarbeit sind hier zentrale Bausteine.

Die Synergien mit technologischer Innovationsförderung liegen auf der Hand: Technologie kann Soziale Innovationen skalieren, zugänglicher machen und beschleunigen. Umgekehrt geben Soziale Innovationen technologischen Entwicklungen oft erst eine gesellschaftlich relevante Richtung. In unserer neuen Hightech Agenda Deutschland setzen wir daher ausdrücklich auch auf technologieassoziierte Soziale Innovationen – also Projekte, die technologische Ansätze mit gesellschaftlicher Wirkung verknüpfen – und konzentrieren uns auf ihre wirkungsorientierte Förderung. 

Diese Schwerpunktsetzung bildet der StiPS bereits ab. Soziale Innovationen, die auf technologischen Neuerungen aufbauen, sie begleiten oder Anwendungsfälle schaffen, sind mit dem StiPS explizit angesprochen. Diese Offenheit spiegelt sich auch in den vorliegenden Bewerbungen wider. So viel kann ich zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen. Darüber hinaus haben wir es im Bereich Sozialer Innovationen mit einem breiten Feld an Innovationsakteuren zu tun. Nicht nur Forschung und Industrie sind hier relevant. Soziale Innovationen entstehen in allen Teilen der Gesellschaft, also auch in der Zivilgesellschaft und im Sozialunternehmertum. Hier ist neben der finanziellen Förderung auch Kompetenzbildung, Befähigung und Vernetzung notwendig. Deshalb erhalten die Siegerprojekte des StiPS auch ein Coaching-Angebot. So unterstützen wir sie dabei, entscheidende Fähigkeiten und Netzwerke aufzubauen, um Soziale Innovationen erfolgreich in Richtung gesellschaftliche Wirkung weiterzuentwickeln. Mit diesem Angebot haben wir bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, etwa bei den Fördermaßnahmen „Gesellschaft der Ideen und „Gesellschaft der Innovationen“. Hier konnten wir bereits zahlreiche Soziale Innovationen von der Idee bis in die Praxis begleiten.

Hochschulen sind Keimzellen für neue Ideen. Sie bieten Raum für Forschung, Experiment und Interdisziplinarität. Studierende bringen oft frische Perspektiven mit, sind mutig im Denken und haben die Freiheit, über klassische Strukturen hinauszublicken.

Viele Soziale Innovationen entstehen in studentischen Initiativen, Forschungsprojekten oder im direkten Austausch mit der Gesellschaft. Unsere Aufgabe als Forschungsministerium ist es, diese Energie zu unterstützen durch Förderprogramme, Netzwerke und Plattformen, die den Transfer aus der Hochschule in die Praxis erleichtern. So kann aus einer guten Idee ein gesellschaftlich wirksames Projekt werden. Nicht zuletzt verfügen Hochschulen in der Regel über die inter- und transdisziplinären Kompetenzen, Strukturen und Netzwerke, um Technologieentwicklung und Soziale Innovationen so zusammenzubringen, dass Innovation, Transfer und Wirkung in besonderem Maß gelingen können. An Hochschulen können alle relevanten Aspekte von Innovationsprozessen adressiert werden.  

Mit dem StiPS wollen wir die herausragenden Beiträge von Studierenden sichtbar machen, die nicht nur Ideen entwickeln, sondern diese auch in erste Umsetzungsschritte bringen. Wir wissen: Der Weg von der Idee zur Wirkung ist oft herausfordernd, besonders, wenn es um gesellschaftliche Veränderungen geht. 

Der Preis ist daher nicht nur eine Auszeichnung, sondern auch ein Türöffner: Wir verbinden Anerkennung mit praktischer Unterstützung, etwa durch Coaching, Netzwerke und öffentliche Sichtbarkeit. Damit wollen wir die Projekte stärken und zugleich andere inspirieren. Die Vergabe eines Preisgelds war für uns außerdem der richtige Weg, weil wir den Studierenden ein niedrigschwelliges Angebot machen wollten. Sie sollen sich nicht mit den teilweise komplexen Modalitäten der Förderung befassen müssen, sondern gleich loslegen können. Das haben wir mit dem StiPS geschafft und somit auch einen Hebel umgelegt, der den Transfer aus der Forschung in die Praxis beschleunigt. 

Wir haben für die diesjährige Ausschreibung vier Themenfelder definiert, die zentrale gesellschaftliche Herausforderungen abdecken. Zur Prämierung haben wir ausgeschrieben:

· Nachhaltigkeit & Klimaschutz – Ideen für eine lebenswerte Zukunft und den Schutz unserer Umwelt 
· Gesundheit & Pflege – Ideen für eine bessere Versorgung und Betreuung 
· Bildung & Arbeit – Zukunftsfähige Lösungen für Lernen und Arbeiten

· Teilhabe & Inklusion – Innovationen, die gesellschaftliche Teilhabe für alle ermöglichen.

Diese Felder stehen für die großen Transformationsaufgaben unserer Zeit, die wir gemeinsam angehen müssen – durch Soziale, technologische und hybride Innovationen. Damit sind diese Themen anschlussfähig an die Schlüsseltechnologien der Hightech Agenda Deutschland. Denken Sie etwa an klimaneutrale Mobilität oder Künstliche Intelligenz. Auch zu den Strategischen Forschungsfeldern, die die Agenda definiert, bestehen Brücken, so in der Gesundheitsforschung, der Klima- und Nachhaltigkeitsforschung und den Geistes- und Sozialwissenschaften. Studierende leisten in all diesen Bereichen wichtige Beiträge. Das wollen wir würdigen. 

Entscheidend ist für uns, dass die eingereichte Soziale Innovation nicht nur eine gute Idee ist, sondern bereits erste Schritte in die Umsetzung gegangen ist und ein klares Potenzial für gesellschaftliche Wirkung zeigt. Wir achten besonders auf drei Aspekte:

· Innovationsgrad – der Ansatz muss neuartig sein oder bestehende Lösungen entscheidend verbessern.

· Gesellschaftliche Relevanz – die Innovation adressiert eine drängende Herausforderung.

· Wirkungsperspektive – es gibt überzeugende Ansätze, wie die Idee nachhaltig wirken und skalieren kann.

Ausgezeichnete Projekte schaffen es, diese Punkte schlüssig zu verbinden und dabei die Zielgruppen aktiv einzubinden.

Soziale Innovationen sind ein zentraler Hebel, um Innovationskraft zu heben, Transfer-Hemmnisse zu beseitigen und den Transfer technologischer Innovationen zu beschleunigen. In unserer neuen Hightech Agenda Deutschland betonen wir deshalb technologieassoziierte Soziale Innovationen als wichtige Beiträge zur Gestaltung der Zukunft. Das bedeutet: Wir wollen Innovationen fördern, die technologische Möglichkeiten mit gesellschaftlicher Wirkung verbinden – von der digitalen Gesundheitsversorgung bis zur nachhaltigen Mobilität.

Der StiPS ist dabei nur ein Baustein des Förderkonzepts, wenn auch ein wichtiger. Er zeigt, wie viel kreatives Potenzial an unseren Hochschulen steckt. Wir wollen dieses Potenzial stärken, vernetzen und in die Breite tragen. Denn am Ende geht es um nichts weniger, als unsere Gesellschaft zukunftsfähig, gerecht und resilient zu gestalten – gemeinsam, innovativ und mutig.

Team Wissenschaft der TU Dortmund

Wer steckt hinter dem Spotlight Wissenschaft?

Das Interview mit Frau Dr. Effrosyni Chelioti zum Studierendenpreis für Soziale Innovationen wurde von dem Team Wissenschaft der TU Dortmund zusammengestellt.