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Schritte zur Etablierung des Themenfelds „Soziale Innovation“ an der Technischen Hochschule Rosenheim   

18. Juni 2025

An vielen Universitäten und Hochschulinstitutionen in Deutschland sind Institutionalisierungsprozesse erkennbar, die über Einzelinitiativen und -projekte hinausgehen. Die hiermit einhergehenden Erfahrungen können als Anregung für alle dienen, die eine ähnliche Entwicklung anstreben oder durchlaufen. In loser Folge wollen wir diesem Wissen in den Spotlights mehr Sichtbarkeit ermöglichen. 

Den Anfang macht die TH Rosenheim. Soziale Innovationen an einer Technischen Hochschule? Klingt überraschend – und ist an der TH Rosenheim längst gelebte Realität. In den letzten Jahren hat sich die Hochschule zu einem aktiven Knotenpunkt in einem wachsenden Netzwerk sozialer und nachhaltiger Innovationsansätze entwickelt. Ob auf internationalen Konferenzen, in EU-Allianzen oder durch gezielte Gründungsförderung – die TH Rosenheim zeigt, wie Technik, Unternehmertum und gesellschaftliche Verantwortung zusammengebracht werden können. 

Sarah Baumann (Leitung Gründungszentrum ROCKET der TH Rosenheim), Stephanie Kapitza (Vizepräsidentin der TH Rosenheim, Prof. für Entrepreneurship und Digitale Geschäftsmodelle, wiss. Leitung Gründungszentrum ROCKET) und Michael Kriegel (wiss. Mitarbeiter & Lehre Social Innovation an der TH Rosenheim) beschreiben in sechs Facetten zentrale Entwicklungen der Etablierung des Themenfeldes an ihrer Hochschule. 

1. Internationale Impulse: Kanada-Austausch & interkulturelle SI-Bildung

Der erste Anstoß kam nicht aus einem Strategiepapier, sondern durch persönliches Engagement. Mit dem Aufbau eines deutsch-kanadischen Austauschs zum Thema Soziale Innovation und Social Entrepreneurship legte Michael Kriegel den Grundstein für ein internationales Projekt, das mittlerweile Studierende aus Bayern, Québec und Alberta verbindet.

Canadian-German Initiative 

  • 2013 gestartetes Austauschprogramm für Studierende zum Thema “Intercultural Storytelling in Entrepreneurship & Social Innovation”
  • Unter Beteiligung verschiedener Hochschulen, Universitäten, NGOs und Partner im Innovations-Ökosystem
  • mit Summer- & Winter-Schools in Alberta, Québec und Bayern

Ziel ist es, junge Menschen zu befähigen, soziale Gründungsideen zu entwickeln, kulturspezifische Unterschiede zu verstehen und sich zu einer transatlantischen Community Sozialer Innovator:innen zu vernetzen. Vorgestellt wurde das Projekt 2023 auf der internationalen ISIRC-Konferenz in Guimarães, Portugal.

2. Forschung & Transfer: Präsenz auf der ISIRC-Konferenz

Die TH Rosenheim bringt ihre sozialinnovativen Ansätze regelmäßig auf die International Social Innovation Research Conference (ISIRC) mit ein – die weltweit größte Konferenz zum Thema.

Beiträge der TH Rosenheim auf der ISIRC-Konferenzreihe

ISIRC 2022 – Halifax

 „Alpine Impact (AIM) Alliance“ – Initiative zur Förderung wirkungsorientierten Unternehmertums im Alpenraum

ISIRC 2023 – Guimarães

 „Canadian-German Intercultural Foundation Certificate in Social Entrepreneurship and Social Innovation Education“ – Ein interkulturelles Programm zur SI-Ausbildung in Québec und Bayern

ISIRC 2024 – Bern

 „Reducing Complexity through Intercultural Communication & Stories – How Storytelling Influences the Perspective on Social Innovation“ – Ein Beitrag zur Rolle narrativer Zugänge in der SI-Bildung

ISIRC 2025 – Calgary (geplant)

 „Embracing Complexity – Peer-Organizing & Action Research in Social and Responsible Entrepreneurship“ – Neue Wege partizipativer Forschungsformate im Kontext von Sozialunternehmertum

Die wiederholte Präsenz auf der ISIRC zeigt, dass Soziale Innovationen an der TH Rosenheim nicht nur lokal umgesetzt, sondern auch international wissenschaftlich reflektiert und weiterentwickelt werden.

3. Gründungsförderung mit Wirkung: Gründungshub Oberbayern & visionäre Konzepte

Ein zentrales Element der sozialinnovativen Aktivitäten an der TH Rosenheim ist der Gründungshub Oberbayern – ein groß angelegtes Verbundprojekt, das vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Die Hochschule entwickelt das Projekt gemeinsam mit fünf weiteren Hochschulpartnern aus der Region.

Ziel ist es, eine neue Generation von Gründer:innen auszubilden, die innovative Geschäftsideen nicht nur wirtschaftlich denkt, sondern gezielt soziale und ökologische Herausforderungen adressiert.

Kernstück ist ein zweisemestriges, ECTS-fähiges Zertifikatsprogramm, das unternehmerisches Denken mit Nachhaltigkeit und Gemeinwohlorientierung verbindet. Studierende werden nicht nur für klassische Gründungen qualifiziert, sondern erarbeiten Lösungen mit gesellschaftlicher Relevanz – von nachhaltiger Energie bis zu sozialer Teilhabe. Der Hub versteht sich als Reallabor für zukunftsfähiges Unternehmertum.

Pressemitteilung der TH Rosenheim:

https://www.th-rosenheim.de/die-hochschule/aktuelles/news/detailansicht-news-th-rosenheim/gruendungs-hub-oberbayern-unter-federfuehrung-der-th-rosenheim-gestartet

Beitrag Regionalfernsehen Oberbayern:

https://www.rfo.de/mediathek/video/von-der-idee-zur-marktreife-th-rosenheim-initiiert-starken-gruendungs-hub-in-oberbayern

Gründungshub Oberbayern auf einen Blick

  • Projektträger: Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
  • Verbund: Sechs Hochschulen in Oberbayern, Koordination: TH Rosenheim
  • Ziel: Qualifizierung verantwortungsbewusster Gründungspersönlichkeiten und Entwicklung nachhaltiger, sozial wirksamer Gründungen anhand der ESG-Kriterien
  • Maßnahmen:
    • ECTS-fähiges Zertifikatsprogramm (zwei Semester)
    • Verknüpfung von Interdisziplinarität und Zukunftskompetenzen, Innovation und Entrepreneurship
    • Gründungsbegleitung mit Fokus auf gesellschaftliche Wirkung
  • Besonderheit: Förderung transdisziplinärer Problemlösungen durch Studierende
  • Laufzeit: 2024–2029
  • Vision: Ausbildung einer neuen Generation herausragend leistungsstarker Persönlichkeiten an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit, Innovation und Gesellschaft

Beim Auftakt-Workshop für den neuen Gründungs-Hub Oberbayern war die TH Rosenheim vertreten durch Michael Kriegel (links) sowie Professorin Stephanie Kapitza und Sarah Baumann (nebeneinander in der Bildmitte). (Bild: Prof. Dr. Ali Aslan Gümüşay)

4. greenhouse.alps – Konzept für Gemeinwohlunternehmen in der Alpenregion

Als ergänzender Ansatz wurde an der TH Rosenheim außerdem das Konzept „greenhouse.alps“ entwickelt – inspiriert vom Ruhrgebietsmodell greenhouse.ruhr. Ziel ist der Aufbau eines Qualifizierungs- und Netzwerkangebots speziell für Gemeinwohlorientierte Unternehmen (GU) im Alpenraum.

Mit einem geplanten „Triple A“-Modell (Ausbildung – Anbindung – Anschlussfinanzierung) und dem Aufbau eines Alpine Social Innovation Centers (ASIC) soll das Konzept langfristig zur stärkeren Verankerung von GWÖ-Strukturen in der Region München–Rosenheim–Salzburg beitragen.

Modellstruktur des greenhouse.alps-Accelerator-Programms mit den drei Elementen Academy, Accelerator, Alliance

Die TH Rosenheim wird sich mit einigen Partnern aus der DIVERSE-Allianz (siehe unten) um eine Förderung/Finanzierung auf Europäischer Ebene bemühen.

Rückblick: Projekt wurde als Vortrag „From greenhouse.ruhr to greenhouse.alps“ auf der EU Spri-Konferenz in Dortmund vorgestellt. https://euspri2025.de/

5. EU-Allianzen für nachhaltige Hochschulentwicklung: DIVERSE

Ein Meilenstein auf dem Weg zur strukturellen Verankerung Sozialer Innovation ist die Beteiligung der TH Rosenheim an der europäischen Hochschulallianz DIVERSE – Digital and Innovative Venture Science Education for Resilient and Sustainable Entrepreneurship.

2023 wurde DIVERSE mit dem Seal of Excellence der Europäischen Kommission ausgezeichnet.

Die Allianz verknüpft zwölf Hochschulen aus elf Ländern und wird einen transnationalen Campus schaffen, in dem über 150.000 Studierende lernen, forschen und soziale Wirkung entfalten können werden. Im Zentrum steht der Ansatz der Venture Science – einer Kombination aus wissenschaftlicher Exzellenz, Unternehmertum und gesellschaftlicher Relevanz. Das Projekt wird an der TH Rosenheim von Prof. Dr. Carolin Fleischmann geleitet.

DIVERSE – Europäische Hochschulallianz für nachhaltiges Unternehmertum

  • Name: DIVERSE – Digital and Innovative Venture Science Education for Resilient and Sustainable Entrepreneurship
  • Beteiligte: 12 Hochschulen aus 11 europäischen Ländern
  • Auszeichnung: Seal of Excellence der Europäischen Kommission (2023)
  • Ziel: Aufbau eines transnationalen, multidisziplinären Universitätscampus
  • Schwerpunkte:
    • Förderung von Venture Science – Verbindung von Unternehmertum, Wissenschaft & gesellschaftlicher Wirku
    • Soziale Innovation als integraler Bestandteil der Hochschulentwicklung
    • Niedrigschwellige Mobilitätsformate für Studierende und Mitarbeitende
  • Leitung an der TH Rosenheim: Prof. Dr. Carolin Fleischmann
  • Vision: Die TH Rosenheim als europäischer Knotenpunkt für nachhaltige Hochschulkooperationen

6. Zukunft gestalten: Greentech4transformation (GT4T)

2025 markiert einen weiteren Aufbruch: Mit dem EU-Projekt Greentech4transformation (GT4T) beteiligt sich die TH Rosenheim zusammen mit vier weiteren DIVERSE-Hochschulen an einem internationalen Verbund zur Förderung von digitaler und zirkulärer Transformation.

Ziel des im Rahmen der EIT Higher Education Initiative seit April 2025 geförderten Projekts ist der Aufbau interdisziplinärer Ausbildungen im Bereich nachhaltiges Unternehmertum – für junge Menschen zwischen 17 und 25 genauso wie für erfahrene Fachkräfte über 55. Darüber hinaus sollen Hochschulen als Innovationsorte gestärkt und der Weg von Forschungsergebnissen zu marktfähigen Lösungen verkürzt werden.

Greentech4transformation (GT4T) – EU-Projekt für den Wandel

  • Förderung: Europäische Union (EIT Higher Education Initiative)
  • Beteiligung: Internationale Hochschulpartnerschaft, unter anderem mit TH Rosenheim
  • Ziel: Nachhaltige und digitale Transformation durch Bildung und Innovation
  • Maßnahmen:
    • Entwicklung interdisziplinärer Curricula zu Innovation und Unternehmertum
    • Qualifizierung junger (17–25) und erfahrener Fachkräfte (55+)
    • Aufbau von Infrastrukturen zur Förderung von Innovationsökosystemen an Hochschulen
    • Beschleunigung des Wissenstransfers in marktfähige Lösungen
  • Thematische Schwerpunkte: Zirkuläre Wirtschaft, Digitalisierung, soziale Verantwortung
  • Langfristiger Nutzen: Hochschulen als Treiber nachhaltiger Entwicklung stärken

7. Perspektive: Von Einzelprojekten zu vernetzter Struktur

Noch gibt es an der TH Rosenheim keine hochschulweite Strategie zu Sozialer Innovation – aber viele starke Bausteine, die sich zunehmend verbinden. Die Themen Transfer, Gründung, Internationalisierung und Nachhaltigkeit finden dabei gemeinsam neue Ausdrucksformen.

„Unsere Vision ist klar: Wir wollen Soziale Innovationen in Forschung, Lehre und Transfer dauerhaft verankern – lokal wirksam und international anschlussfähig.“

Dieser Anspruch zeigt sich bereits konkret im Hochschulalltag:

  • Interne Vernetzung nimmt Fahrt auf: Fakultäten und Fachbereiche werden zunehmend projektbasiert einbezogen, zum Beispiel im Gründungshub Oberbayern, im EU-Projekt GT4T oder durch Beiträge zur DIVERSE-Allianz.
  • Studierende rücken ins Zentrum: Neue Lehrformate und niederschwellige Beteiligungsmöglichkeiten fördern eine Kultur der Mitgestaltung und Wirksamkeit.
  • Kooperationen schaffen Wirkung: Internationale Partnerschaften – vom Alpenraum bis nach Kanada – unterstützen den Aufbau eines nachhaltigen Innovationsnetzwerks mit gesellschaftlicher Relevanz.

Mit neuen Projekten und einer klaren Vision für die Zukunft wird deutlich: Soziale Innovationen und Technische Hochschule schließen sich nicht aus. Im Gegenteil, an der TH Rosenheim wachsen sie Schritt für Schritt zusammen.

Michael Kriegel, wiss. MA & Lehre Social Innovation TH Rosenheim (Foto: privat)

Sarah Baumann, Leitung Gründungszentrum ROCKET der TH Rosenheim

Stephanie Kapitza, Vizepräsidentin der TH Rosenheim, Prof. für Entrepreneurship und Digitale Geschäftsmodelle, wiss. Leitung Gründungszentrum ROCKET

Team Wissenschaft der TU Dortmund

Wer steckt hinter dem Spotlight Wissenschaft?

Der Einblick in die Etablierung des Themenfelds „Soziale Innovation“ an der Technischen Hochschule Rosenheim wurde von dem Team Wissenschaft der TU Dortmund zusammengestellt.