H4: Beschaffung
Öffentliche Beschaffung als Hebel nutzen
Ausgangslage
Die öffentliche Hand ist mit einem jährlichen Auftragsvolumen in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags eine große Nachfragerin von Produkten und Dienstleistungen. Damit kann die öffentliche Beschaffung auch ein entscheidendes Politikinstrument für die Entwicklung von Sozialen Innovationen und Gemeinwohlorientierten Unternehmen und bedeutend für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele sein.¹ Doch nur 12,4 Prozent aller öffentlichen Ausschreibungen berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien. Laut einer in der im Vorfeld der Strategie durchgeführten Konsultation oft vorgebrachten Kritik² kommt erschwerend hinzu, dass eine eher starre Vergabepraxis und relativ strenge Vorgaben an die Eignung von Bieterinnen und Bietern etablierte Akteure bevorzugten.
So werden öffentliche Aufträge oft an Unternehmen vergeben, die bereits für den Staat tätig waren und damit entsprechende Referenzen vorweisen können. Wer zum Beispiel noch kein Projektportfolio und nicht mindestens drei bis fünf Jahre operative Umsätze vorweisen könne, sei meist ausgeschlossen. Wer neu einsteigt, wird zudem laut Konsultation wegen eines als größer empfundenen Risikos häufig schlechter bewertet. Damit kann es für sozial-innovative Akteure zu einem erschwerten Zugang zu öffentlichen Aufträgen kommen.
Lösung
Der Staat kann Vorbild sein und neuen Akteuren den Weg in den Markt ebnen. Hierzu können die bestehenden Anforderungen an eine nachhaltige Beschaffungspraxis besser zur Anwendung gebracht und ausgebaut werden. Ein großer Hebel ist dabei auch die Kompetenzentwicklung in Vergabestellen und zuständigen Organisationseinheiten bei Bund, Ländern und Kommunen. Dies hilft sowohl den Gemeinwohlorientierten Unternehmen, Umsätze zu erzielen und finanziell eigenständig zu werden, als auch Deutschland, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Die Bundesregierung wird die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausrichten. Hierfür sollen im Rahmen des Vergabetransformationspakets auch sozial innovative und ökologische Kriterien gestärkt werden, ohne dabei das Anliegen der Vereinfachung und Beschleunigung von Vergabeverfahren aus dem Blick zu verlieren oder Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.
Über den neuen KOINNOvationsplatz wird die Möglichkeit geboten, die Markterkundung vereinfacht durchzuführen; über sogenannte Challenges werden innovative Lösungen gezielt gesucht. Dabei können auch Gemeinwohlorientierte Unternehmen sichtbar werden und stärker Berücksichtigung finden. Der KOINNOvationsplatz dient somit als „digitales Schaufenster“.
Bei den öffentlichen Vergabestellen werden Kompetenzen aufgebaut, um die bisherigen Möglichkeiten der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Einzelfall zielgenauer ausschöpfen zu können und dadurch den Zugang zu öffentlichen Aufträgen für sozialinnovative Akteure und Gemeinwohlorientierte Unternehmen zu verbessern. Dabei werden bereits bestehende Stellen wie KOINNO und die Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung einbezogen.
Die Bundesregierung will die Sichtbarkeit gemeinwohlorientierter Start-ups in der öffentlichen Beschaffung erhöhen und so eine intensivere Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe zur Stärkung Sozialer Innovationen anregen. Hierzu will sie Gemeinwohlorientierte Unternehmen mit Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Beschaffungswesens zusammenzubringen.